Steigende Anforderungen, ständige Veränderungen und das Gefühl, im Arbeitsalltag nur noch zu funktionieren - viele Berufstätige empfinden ihren Job heute als zunehmend belastend oder entfremdend. Gleichzeitig wächst das Bedürfnis nach Sinn, Selbstbestimmung und Entwicklungsmöglichkeiten im Berufsleben. Gefühle von Stagnation, Über- oder Unterforderung sowie mangelnder Einfluss auf das eigene Arbeitsumfeld können dabei nachhaltig das Wohlbefinden und die Motivation beeinträchtigen.
Angesichts dieses Wandels stellt sich die Frage: Wie kannst Du Deiner Arbeit mehr Erfüllung und Sinn verleihen - ohne dafür gleich den Job wechseln zu müssen?
Die Antwort darauf ist Job Crafting.
Das arbeitspsychologische Konzept Job Crafting bietet Dir die Möglichkeit Dir innerhalb Deines Jobs über drei verschiedene Wege mehr Autonomie, Entwicklung und Vielfalt zu verschaffen. Dein Mindset und deine Eigeninitiative sind hierfür entscheidend!
Formen des Job Crafting
Cognitive Crafting
Cognitive Crafting beginnt allem voran bei Deinem Mindset. Hier geht es nicht darum, aktiv an Deinem Arbeitsumfeld oder Deiner Arbeitsweise etwas zu verändern, sondern vielmehr darum, wie Du über Deine Arbeit denkst. Man spricht dabei von kognitiver Neubewertung, was bedeutet, dass du die Perspektive auf die Art, den Mehrwert oder die Vorzüge deiner Arbeit veränderst.
- Du stellst eine Verbindung zwischen wichtigen Werten für Dich und deinem Job her, wie „Durch meinen Job im Einkauf achte ich darauf, dass wir verantwortungsvoll mit Ressourcen umgehen.“.
- Du siehst deine Rolle als Teil von etwas Größerem: Aus „Ich arbeite in der Verwaltung“ kannst du „Ich bin Teil des Teams, das dafür sorgt, dass alles reibungslos läuft – wir halten den Laden am Laufen.“ machen.
- Ebenso kannst du deine Perspektive auf die Wichtigkeit deiner Arbeit verändern. Aus „Ich arbeite im Kundensupport“, kannst Du „Ich helfe Menschen dabei, ihre Probleme zu lösen – ich bin eine Art Alltags-Retter:in.“ machen.
Task Crafting
Task Crafting dagegen dreht sich um das Was deiner Arbeit. Das Ziel ist es - abhängig von dem, was Dein Handlungsspielraum erlaubt - Deine Aufgabenstruktur an Dein Bedürfnis nach Weiterentwicklung anzupassen. So kannst Du versuchen, angelehnt an Deine Interessen oder Fähigkeiten, neue Aufgaben zu integrieren und unter Umständen andere dafür delegieren. Das kann auch bedeuten unliebsame Aufgaben neu zu strukturieren oder die Zeiteinteilung für Arbeitsaufgaben zu verändern. Außerdem ist es möglich Deine:n Arbeitgeber:in nach arbeitserleichternden Ressourcen zu bitten, wie dem Zugang zu Tools oder Fortbildungen. Zu Task Crafting gehört auch die Zeitstruktur hinsichtlich Deiner Arbeitszeiten oder Deines Arbeitsrhythmus anzupassen. Hier sind Beispiele, wie das in etwa aussehen könnte:
- Du bist eine Teamleiter:in und übernimmst zusätzlich das Onboarding neuer Mitarbeitender, weil Du gerne Wissen weitergibst.
- Du arbeitest als Pflegekraft und teilst administrative Aufgaben mit Kolleg:innen so auf, dass jede:r den Teil übernimmt, der ihr/ihm leichter fällt.
- Du bist Entwickler:in und bittest darum, bei einem Kreativ-Workshop mitzuarbeiten, obwohl das nicht offiziell zu Deinem Job gehört.
- Du arbeitest als Reinigungskraft und hörst Podcasts während der Arbeit, um die Tätigkeit angenehmer zu gestalten.
- Du arbeitest in der Softwareentwicklung und legst analytisch anspruchsvolle Aufgaben auf den Vormittag, weil Du da am klarsten denkst - Routine-Mails kommen danach.
Relational Crafting
Relational Crafting setzt an der Beziehungsgestaltung an, an der Frage mit wem man arbeitet. Beziehungen in der Kollegschaft können eine wichtige Ressource zur Stärkung des Wohlbefindens am Arbeitsplatz sein (siehe Artikel Das Job Demands-Resources Modell: Weshalb Arbeitsbelastung allein nicht das Problem ist und Ressourcen so wichtig sind). Du kannst über verschiedene Wege deine Arbeitsbeziehungen stärken und davon profitieren. Umsetzen kannst Du das zum Beispiel so:
- Du bist ein:e Mitarbeiter:in und suchst aktiv den Austausch mit Kolleg:innen aus anderen Abteilungen, um neue Perspektiven zu gewinnen und über den Tellerrand zu schauen.
- Als Teammitglied organisierst Du einen wöchentlichen Coffee-Call im Remote-Team, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken.
- Du arbeitest als Projektleiter:in und bittest darum, bei einem Projekt mit Kolleg:innen zu arbeiten, mit denen Du besonders gut harmonierst und produktiv bist.
Fazit
Job Crafting macht deutlich: Du musst Deinen Job nicht komplett wechseln, um ihn erfüllender zu gestalten. Bereits kleine, bewusste Veränderungen in Deiner Denkweise, in Deinen Aufgaben oder in Deinen Beziehungen können großen Einfluss auf Deine Motivation, Dein Wohlbefinden und Deine Entwicklung haben.
Warte nicht auf Veränderungen von außen - gestalte aktiv mit, was möglich ist. Denn auch in bestehenden Strukturen gibt es oft mehr Spielraum, als man zunächst denkt. Job Crafting erfordert Mut, Reflexion und Eigeninitiative - aber es lohnt sich, weil es Dich näher zu dem bringt, was Dir im Arbeitsleben wirklich wichtig ist.